Silvia Schellenberg-Thaut
24.03.2025 | Rückblick Architektur im >Kontext< 2025
Von der Waldhütte bis zum Heizkraftwerk reicht das Spektrum der vielfach prämierten Projekte des Leipziger Architekturbüros Atelier ST. Der LWL und der BDA Münster-Münsterland hatten Silvia Schellenberg-Thaut, die das Atelier ST zusammen mit Sebastian Thaut führt, zum Abschluss der diesjährigen Vortragsreihe Architektur im >Kontext< eingeladen. Einmal mehr zeigte sich, wie gewinnend kontextuelles Arbeiten in der Architektur sein kann.
Oftmals galt es für das Atelier ST Bauten in malerische Dörfer, Städte und Landschaften einzupassen, ob in Göttingen, im Erzgebirge, im Weimarer Land oder im Spreewald. Die rund 350 Zuhörerinnen und Zuhörer konnten so gleichsam verschiedene reizvolle Kulturregionen mitentdecken - passend auch zum Kulturhauptstadtjahr in Chemnitz, dem sächsischen Manchester.
Die 1978 in Borna geborene Architektin Silvia Schellenberg-Thaut erlebte früh, dass die Transformation von Regionen eine Gestaltungsaufgabe ist. So führte der Bergbau in der heimatlichen Region oft zu Umsiedlungen von Orten. Und nach Ende der Braunkohlegewinnung im Leipziger Süden zu einer Neuseenlandschaft, die sich noch immer weiterentwickelt. In dieser Zeit des Wandels studierte Schellenberg Architektur (1997-2002) an der Westsächsischen Hochschule Zwickau in Reichenbach. Dort traf sie auch auf ihren späteren Partner Sebastian Thaut (*1977 in Zwickau), mit dem sie 2005 das Atelier ST gründete.
Das Verschmelzen von Alt und Neu und das Arbeiten mit verschiedenen Zeitschichten wurde bald zum Credo des Büros. 2010 entstand eine raffinierte Waldhütte in Klein-Köris (Brandenburg), die eine frühere ersetzte. Ein skulpturaler Werkraum für eine Forstverwaltung in Eibenstock (Erzgebirge) folgte. Mit dem Lutherarchiv in Eisleben (2016) erregte das Büro erstmals größere Aufmerksamkeit.
Zu den jüngeren Projekten zählt das Göttinger Kunsthaus, ein Impulsgeber für ein neues Kunstquartier. Die Erweiterung für ein Unternehmen der Rasurkultur im sächsischen Stützengrün gleicht ebenso einer Feinschnitt-Arbeit. Auch das Duplexhaus in einem Leipziger Wohngebiet zaubert mit vielen architektonisches Details und Bezügen zur Architekturgeschichte ein privates Refugium. Beim bundesweit ersten Wasserstoff-Heizkraftwerk im Leipziger Süden verweist farbige Keramik mit schrägen Anschnitten sowohl auf historische Kraftwerksbauten als auch auf gegenüberliegende Häusersilhouetten.
Auf das vorgestellte Schlussprojekt darf man dagegen noch gespannt sein: Im Inneren der Martinskirche in Apolda sollen Emporen einem neuen schwebenden Saal weichen. Ganz sicher einmal mehr: Transformation zum Anfassen. Das Atelier ST denkt Zukunft, indem es Geschichte weiterbaut: atmosphärisch und pragmatisch.
Videoaufzeichnung des Werkvortrags folgt in Kürze!
