Architektur im >Kontext< 2022
Bereits zum 14. Mal luden der LWL und der BDA Münster-Münsterland gemeinsam zur Vortragsreihe Architektur im >Kontext< ein.
Grundidee der Werkvortragsreihe Architektur im >Kontext< ist die Reflexion und Vermittlung der vielfältigen Aspekte des kontextbezogenen Bauens. Die Werkpräsentationen werden dabei insbesondere den städtebaulichen Lösungsansatz sowie die historische Bezugnahme auf die vorgefundene Situation aufzeigen, darüber hinaus aber auch eine gesellschaftlich-kulturelle Verortung der gewählten baulichen Lösung vornehmen.
Diesmal startete die Reihe mit einer Podiumsrunde über die grundsätzlichen und aktuellen Herausforderungen einer qualitätvollen, sozial- und klimagerechten Architektur: Die neuen 20er Jahre - Wie weiter bauen? Ausschnitte aus jüngsten Filmproduktionen, in denen die eingeladenen Protagonisten mit wichtigen Projekten und Positionen vorgestellt wurden, flankierten die Diskussion. An den Folgeabenden schloßen sich vier Werkvorträge an - jeweils montags um 19 Uhr im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster.
Alle Veranstaltungen wurden aufgezeichnet und stehen hier online zur Verfügung.
Programm
19:00 Uhr | LWL-Museum für Kunst und Kultur
24.01.2022, Eröffnungsaben mit Podiumsdiskussion
07.02.2022, Claudia Meixner, Meixner Schlüter Wendt, Frankfurt am Main
21.02.2022, Axel Frühauf, Meck Architekten, München
07.03.2022, Prof. Elke Reichel, Reichel Schlaier Architekten, Stuttgart
21.03.2022, Prof. Björn Martenson, Amunt Martenson, Aachen
Eröffnungsabend mit Podiumsdiskussion
LWL-Museum für Kunst und Kultur | 24.01.2022 | 19:00 Uhr
Ein frischer Abend in einem noch frischen Jahr: Mit einer anregenden Podiumsdiskussion läutete der BDA Münster-Münsterland zusammen mit dem LWL das aktuelle Architekturjahr ein. Als Auftakt der neuen Staffel in der Vortragsreihe „Architektur im Kontext“ gaben sich Veranstalter nachdenklich wie euphorisch zugleich, in dem sie fragten: Die neuen 20er Jahre – Wie weiter bauen?
Im Foyer des LWL-Museums für Kunst und Kultur diskutierten die Architekten Jörg Leeser (BeL Sozietät für Architektur, Köln), Martin Behet (Vorsitzender des BDA Münster-Münsterland) und Stefan Rethfeld (LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen), moderiert von David Kasparek, über das Selbstverständnis heutiger Architektur und mögliche Perspektiven.
Filmsequenzen aus eigens produzierten Architekturportraits über Uwe Schröder (Bonn), BeL Sozietät für Architektur (Köln) und Barkow Leibinger (Berlin) lieferten durch Kurzeinspielungen die Stichwörter zum vieldeutigen Begriff „Kontext“.
Neben städtebaulichen und architektonischen Bezügen sind es sich wandelnde gesellschaftliche und soziale, technologische und wirtschaftliche Bedingungen, die den Kontext eines Bauwerks prägen. Angesichts des Klimawandels und globalen Bevölkerungswachstums treten heute drängende Kontextfragen hinzu. So wird die Einsparung von Ressourcen zum notwendigen Leitmotiv weit über die neuen 20er Jahre hinaus werden müssen. Und damit das Weiterbauen zur eigentlichen Königsdisziplin: „Architektur als Kontext“. Die Rohbauten für kommende Projekte stehen also bereits, war man sich auf dem Podium einig. Transformation als Herausforderung.
Architektur im >Kontext< 2022 Aufzeichnung Eröffnungsabend (24.1.)
Vollständige Aufzeichnung der Begrüßung, der Podiumsdiskussion sowie Einspieler aus den neuen Filmportraits.
Aufzeichnung (1 Std. 49 Min.)
Claudia Meixner
LWL-Museum für Kunst und Kultur | 07.02.2022 | 19:00 Uhr
Bundesweit hat sich Frankfurt am Main weit über Hochhäuser hinaus als Architekturstadt profiliert. Längst kann die Bankenstadt auch auf viele ungewöhnliche Büro-, Kultur- und Wohnprojekte verweisen. Einblicke in jüngste Entwicklungen gab am Montagabend die Frankfurter Architektin Claudia Meixner. Zum Auftakt der neuen Vortragsstaffel „Architektur im Kontext“ im LWL-Museum für Kunst und Kultur sprach sie auf Einladung des BDA Münster-Münsterland und des LWL über Konzepte, Methoden und Strategien ihres Büros Meixner Schlüter Wendt.
Gleich zu Beginn bekannte sie sich zum Forschungsinteresse des „Zwischenraums“, den es hierbei stadträumlich wie architektonisch stets zu interpretieren gilt. Umfelder und Nachbarbauten, Bestandshäuser wie überlieferte Raumwände liefern dem Büro zumeist die Grundlagen für ein kontextbezogenes, vielschichtiges Bauen.
Die vorgestellten Projekte reichten von Pavillons bis zu Wohnhäusern, von Stadtblöcken bis zu Bürotürmen. Überregional bekannt geworden ist das 1997 gegründete Architekturbüro mit dem Umbau der Frankfurter Dornbuschkirche (2005), der Evangelischen Akademie (2017) am Römer und dem Neubau des Henninger Turms (2018), einem alten wie neuen Wahrzeichen der Frankfurter Skyline. Im noch größeren Maßstab entwickelte das Büro urbane und zugleich landschaftliche Zukunftsszenarien für den Frankfurter Nordwesten (2020). Zusammen mit Fachplanern für Landschaft, Energie und Mobilität entwarfen sie einen Rahmenplan für eine ressourcensparende Stadtentwicklung - als Gegenthese zur hochverdichteten Innenstadt. Ihr vorangestellter Grundgedanke „Finden ist wichtiger als Erfinden“ führt auch hierbei zu individuellen und architektonischen Ausdrucksformen, die das zahlreich erschienene Publikum zugleich überraschte wie überzeugte.
Werkvortrag Claudia Meixner
Vollständige Aufzeichnung des Beitrages von Claudia Meixner vom 07.02.2022 im Rahmen der Werkvortragsreihe Architektur im >Kontext< 2022
Aufzeichnung (1 Std. 28 Min.)
Axel Frühauf
LWL-Museum für Kunst und Kultur | 21.02.2022 | 19:00 Uhr
Nach Münster hatte Axel Frühauf (Meck Architekten, München) nur drei Projekte mitgebracht: zwei Kirchen und eine Mensa. Doch sie sollten seine Haltung umfassend charakterisieren. Stets geht es ihm um die genaue Befragung von Aufgabe und Kontext, um Raum und Konstruktion daraus abzuleiten – und schließlich etwas Stimmiges wie Stimmungsvolles zu bauen. Seinem Vortrag in der Reihe „Architektur im Kontext“, die der BDA und LWL gemeinsam veranstalten, stellte er denn auch ein Zitat von Otl Aicher voran: „Wir müssen vom Denken zum Machen übergehen und am Machen neu denken lernen.“
Denken und Machen somit als Einheit – und als Anspruch für einen Vortrag, den Frühauf in Wort und Bild besonders dicht entwickelte. Er schilderte, dass es gerade die unterschiedlichen und häufig auch kleinen Bauaufgaben sind, die im Büro einen hohen Stellenwert haben: Ob ein Haus für Kinder oder ein Kulturbürgerhaus, ein Rathaus oder ein Wissenschaftszentrum. Überregional bekannt wurde das Büro, welches einst von Andreas Meck (+2019) gegründet wurde, zunächst mit dem Bibliotheks- und Hörsaalgebäude der Bauhaus Universität Weimar (2005) und dem Ehrenmal der Bundeswehr in Berlin (2009).
Doch gerade auch in den jüngeren Beispielen wusste Frühauf den universellen Anspruch an architektonischem Gestalten zu unterstreichen. So lauschte man gerne seinen Gedanken, die zum Bau des sensibel in eine Landschaft eingefügten Kirchenzentrums Seliger Pater Rupert Mayer in Poing (2011-18) führten und ebenso der einfühlsamen Erweiterung der evangelischen Philippuskirche in Markt Schwaben (2016). Auch der Neubau des Mensa Campus Garchig in München (2019), der als Ort des Verweilens konzipiert wurde, zeugt davon, dass die Spannung zwischen Denken und Machen sich bis heute erhalten hat.
Werkvortrag Axel Frühauf
Vollständige Aufzeichnung des Beitrages von Axel Frühauf vom 21.02.2022 im Rahmen der Werkvortragsreihe Architektur im >Kontext< 2022
Aufzeichnung (1 Std. 32 Min.)
Prof. Elke Reichel
LWL-Museum für Kunst und Kultur | 07.03.2022 | 19:00 Uhr
Mit ihrem Vortrag bei „Architektur im Kontext“ in Münster gewährte die Architektin Elke Reichel (Stuttgart) Einblicke in ein noch recht junges Büro. Nach ihrem Studium in Dresden und Glasgow konnte sie zunächst im renommierten Büro Behnisch & Partner den Neubau des „Ozeaneums“ in Stralsund umsetzen. Ein einzigartiges Meeresmuseum mit großen Schaubecken und Aquarien im historischen Hafen.
Das „Eintauchen“ in eine Aufgabe sollte in besonderer Weise sie auch weiter prägen. Denn Unbefangenheit und Frische kennzeichnen bald auch erste eigene Projekte. So geriet der Bau einer Doppelgarage (2009/10) in ihrer sächsischen Heimat Marienberg gar zu einem beeindruckenden Musterbau. Für den Holzbau kam lediglich kostenloses Restholz zum Einsatz, das für die Fassaden aufeinandergestapelt wurde: Brett für Brett, innen bündig, aussen verspringend, an den Ecken verzahnt. Im Ergebnis entstand ein ästhetisch anmutendes Bauwerk. Diese Direktheit überraschte und ließ die Fachwelt aufhorchen.
Als Glücksfall stellte sich bald der Wettbewerbsgewinn für ein neues, flexibles Bürogebäude eines Unternehmens in Winnenden heraus, dessen Umsetzung das Büro (seit 2011 mit Peter Schlaier) in nur zwei Jahren zu meistern hatte. Viele Bauteile mussten vorgefertigt werden – mit Erfolg. Der Auftrag für ein benachbartes Besucher- und Kundenzentrum auf dem ehemaligen Ziegeleigelände sollte folgen – und formt den Ort heute zu einem neuen Unternehmenscampus.
Die unterschiedlichen Erwartungen des Auftraggebers, die Aufgabe selber und der vorhandene Ort gilt es für Reichel stets ausgiebig als Kontext zu befragen – und jedes Haus möglichst als Prototyp zu begreifen. Auch in landschaftlich schöner Lage, wie verschiedene Einfamilienhäuser, eine Kirche und ein Kindergarten demonstrierten.
Das Prinzip des Weiterbauens versteht sie als große Chance, da viele Bestandsgebäude nur in ihren räumlichen Potentialen umgedeutet werden müssen. Auf weitere Projekte darf man gespannt sein.
Werkvortrag Prof. Elke Reichel
Vollständige Aufzeichnung des Beitrages von Prof. Elke Reichel vom 07.03.2022 im Rahmen der Werkvortragsreihe Architektur im >Kontext< 2022
Aufzeichnung (1 Std. 22 Min.)
Prof. Björn Martenson
LWL-Museum für Kunst und Kultur | 21.03.2022 | 19:00 Uhr
Der abschließende Vortragsabend der Reihe „Architektur im Kontext“ in 2022 war wie viele seiner Bauten: eine Versuchsanordnung. Coronabedingt konnte Björn Martenson nur via Zoom in das LWL-Museumsfoyer in Münster zugeschaltet werden. Doch ein anregender Gedankenaustausch zwischen ihm und dem Publikum gelang dennoch. Die vorgestellten Projekte erzeugten eine Nähe wie in einem Entwurfsseminar.
Bereits die eigene Werkbeschreibung seines 2009 zusammen mit Sonja Nagel und Jan Theissen gegründeten Büros AMUNT (Aachen/Stuttgart) ließ aufhorchen: Eigenwillige Häuser, Erweiterungen und prägnante Innenausbauten, besondere Adaptionen und räumliche Interventionen. Und tatsächlich bekam das Publikum einiges an Verwandlungskunst geboten. Aus unscheinbaren Bestandshäusern schuf Martenson häufig lebendige Raumfolgen.
Ob Reihen-, Siedlungs- oder Hinterhaus: Zumeist im Auftrag von jungen Familien mit kleinem Budget ging Martenson den Bestandshäusern auf den Grund, analysierte Ort und Aufgabe, um sodann mit maximaler Freiheit den Raum neu zu programmieren: mit großzügiger Raumaufteilung, weiten Wohn- und Küchenzonen, zusätzlichen Arbeits- und Kinderzimmern sowie Bädern in kleinen Winkeln und Dachräumen, ermöglicht durch zusätzliche Treppen und Terrassen sowie großformatigen Fenstern und Lichtkuppeln. Neben den Projekten „Malm“ und „Haus Grau“ zeigte Martenson auch nochmals das „Haus Schreber“, mit dem das Büro 2012 im Deutschen Pavillon auf der Architekturbiennale in Venedig für Aufsehen sorgte. Und schon dieses recht robuste Wohnhaus kennzeichnete Pragmatismus und Eigenwilligkeit. Wie auch das jüngste Projekt „Dach“, eine Verjüngungskur für ein 1960er Jahre Reihenhaus, das vom BDA mit dem Architekturpreis NRW 2021 prämiert wurde.
Es zeichnet Martenson aus, dass er Forschung, Lehre und Praxis seit jeher zu kombinieren versteht. Seine langjährige Lehrtätigkeit an der Bergischen Universität Wuppertal und der RWTH Aachen, an der er 1997 auch sein Architekturstudium abschloss, mündete 2020 in eine Professur an der Hochschule München. Die von ihm bevorzugte Entwurfsstrategie der Umwandlung von Bestandsorten wird sicher auch weiterhin zu überraschenden Projekten führen. Architektur im Kontext - im besten Sinne.
Werkvortrag Prof. Björn Martenson
Vollständige Aufzeichnung des Beitrages von Prof. Björn Martenson vom 21.03.2022 im Rahmen des letzten Werkvortrags von Architektur im >Kontext< 2022
Aufzeichnung (1 Std. 37 Min.)